Der Schatten als zweites Ich, dunkle Seite, unabschüttelbarer Doppelgänger fasziniert Menschen schon immer.
In der Kunst dienen Licht und Schatten nicht nur der Herstellung von Plastizität und Dreidimensionalität, sondern auch als Ausdrucksmittel von Seelenzuständen, man denke nur an Münchs Bild des Mädchens auf dem Bett mit einem monströsen (Pubertäts-) Schatten im Hintergrund.
Western sind ein Genre, das schon immer gerne den Schatten als Stilmittel einsetzt. Die Saloontür schwingt auf-zu sehen die schwarze Silhouette des Westernhelden, die Hand am Colt. „Im Schatten der Geier“ ist der Titel eines Westernklassikers und zeigt die Kraft eines Bildes, das in uns entstehen kann.
Wie können wir Schatten in unsere Urban Sketches einfügen?
Viele Fragen tauchen auf: Wie ist die Richtung? Welche Farben brauchen wir? Wie lang oder dunkel ist der Schatten? Wie hart oder weich die Kanten?
Im 17. Jahrhundert malten Künstler teilweise nur Schatten, deren Richtung sie sicher wussten, z.B. den Stall, aber den von Maria und Josef ließen sie einfach weg. Heute wissen wir zum Glück mehr und ich möchte Euch in diesem Beitrag etwas über Richtung und Länge von Schatten erzählen.

Ich bin eine ungeduldige Sketcherin. Ich zeichne nie vor, würde nie ein Lineal benutzen und glaube an die Übertragung von Energie und Schnelligkeit.
Theorie ist manchmal wichtig, damit unsere Sketches glaubwürdig wirken
Aber: Ich finde es wichtig, sich einmal die Konstruktion eines Schatten anzusehen, um die gewonnenen Erkenntnisse in unsere Urban Sketches einfließen zu lassen. Mein Liebster ist Mathematiker und Geometer. Wahrscheinlich stellen sich seine Haare senkrecht auf, wenn er meine Erklärung liest, aber ich schreibe es so, wie ich es gut verstehe.

Lichtstrahlen fallen von der Sonne über die Kanten unseres Objektes (die Pfähle könnten auch Menschen oder anderes sein) und zeigen uns die Länge des Schattens. Nun verlängere ich meine Lichtquelle rechtwinklig nach unten, so dass ich einen Fernpunkt am Horizont habe, von wo aus ich Linien zu den Bodenpunkten (Grundriss in der Standebene) ziehe, was die Richtung der Schatten vorgibt. Die Kreuzungspunkte der ‚Lichtstrahlen‘ und ‚Bodenlinien‘ zeigen das Ende der Schatten. Habt Ihr ein Rechteck, ist die Methode die gleiche, nur dass man die Punkte verbindet.

Was ich mir von all dem merke, ist, dass sich bei Beleuchtung von hinten Schatten fächerförmig öffnen und die gleiche Richtung haben.
Wenn ich dann ein bisschen huddelig mit meinen Schatten bin, die Richtung aber stimmt, akzeptiert das der Betrachter, weil es glaubwürdig wirkt.
In der Realität, das kennt Ihr alle, sitzen wir oft auf unseren Höckerchen unter einem wolkenverhangenen Himmel, ohne eine Ahnung von dem Stand der Sonne. Stellt Euch Eure Lichtquelle vor, z.B. in der linken oberen Ecke des Sketchbooks. Von da aus könnt Ihr wunderbar Eure Schatten konstruieren.
Es gibt auch die Situation, dass die Lichtquelle sich seitlich befindet. Dann fallen die Schatten parallel. Das kennt Ihr, wenn Ihr durch eine Allee fahrt.

In diesem Sketch könnt Ihr sehen, dass Schatten der Form folgen, also den Bordstein hinabwandern und sich auf der Strasse fortsetzen. Ihr könnt Euch das vorstellen wie ein Klebeband.
Spielen im Urban Sketch
Was auch richtig Spass macht, ist, sich Objekte ausserhalb des Bildes vorzustellen, die Schatten in Euren Sketch werfen. Das könnte ein Elefant, ein fülliger Spaziergänger oder einfach nur eine Laterne sein. Spielt und habt Spass!
Viel Freude bei der Disziplin des Schattenwerfens!
Habe die Ehre!
Stefanie
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