Wo, zum Teufel, sind all‘ die großartigen Gedichtbände hingekommen? Ich bin sicher, es gibt sie, irgendwo. In unseren Buchhandlungen jedenfalls sind sie nicht. Ich will sie riechen, spüren, blätternd aus der Zeit fallen, aussaugen.Das folgende Gedicht wurde 1924 von einem polnischen Poeten geschrieben. Es wurde in einem wunderbaren Gedichtband mit Picasso- Zeichnungen veröffentlicht ( polnische Liebesgedichte/ Inselverlag).
Sie legte ihr haar zurecht
vor dem spiegel und vor dem schlaf
Das dauerte unendlich lange Zwischen der einen
und andern beugung des armes
vergingen epochen Aus ihren haaren rieselten leis
die soldaten der Dritten Legion
der heilige Ludwig mit seinen kreuzrittern
die kanoniere von Verdun
Mit starken fingern
steckte sie sich die glorie zurecht über ihrem kopf
Das dauerte so lange
daß als sie endlich
ihren schaukelnden marsch
zu mir begonnen hatte
mein bislang so folgsames herz
stehengeblieben war
und dicke körner salz
erschienen auf meiner haut
Zbigniew Herbert
Bild: Acryl, Oktober 2017 von fannyblu
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